Förderung bei Hochbegabung in Aachen

Seit dem Jahr 2010 arbeiten wir mit Kindern und Jugendlichen mit einer überdurchschnittlichen Begabung (IQ 115 bis 130) oder einer Hochbegabung (IQ ab 130) zusammen. Unsere Art hochbegabte oder hochinteressierte Kinder vor Ort in Aachen zu fördern ist vielleicht einzigartig in Deutschland. Wir setzen auf eine individuelle, ganzheitliche und sehr systematische Förderung über eine längere Zeit hinweg. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die Räume in unserer Lernwerkstatt.

Inhalt

Individuell lernen
Das Maschinenhaus der Motivation
Zeit für eigene Ideen
Ganzheitlich lernen
Und die Schule?
Lernen mit System
Unsere Räume
Hintergründe
Klassische Hochbegabung
Hochbegabung als Lernstil
Fazit, Kontakt

In unserer Lernwerkstatt stehen uns alle Mittel zur Verfügung, auf die verschiedensten Ideen einzugehen. Material um eigene Versuche durchführen zu können, Bücher mit Tiefgang und vor allem auch unsere eigenen Erfahrungen und Kenntnisse.

Lesen Sie hier gerne ausführlich, mit welcher Philosophie wir mit Hochbegabten zusammen arbeiten. Unsere Ausführungen dazu sind etwas länger geworden, worin sich vielleicht auch das Herzblut zeigt, mit dem wir an die Sache herangehen. Oder aber nehmen Sie einfach Kontakt mit uns auf. Gerne können wir uns über ein Telefonat oder eine Probestunde auch persönlich kennenlernen.


Individuell

Das Maschinenhaus der Motivation

Wenn wir in unserer Aachener Lernwerkstatt von Hochbegabten sprechen, dann meinen wir damit eigentlich Kinder, die vor allem intellektuell weit überdurchschnittlich interessiert sind. Ob sie damit im Moment in der Schule gute oder schlechte Noten bringen ist auch wichtig, spielt aber nicht die erste Geige. Der Ausgangspunkt unseres Ansatzes ist immer das ureigene Interesse der Kinder und Jugendlichen. Man kann nicht überbetonen, wie wichtig das ist.

Wie sieht das nun im Alltag aus? Dazu ein Beispiel. Vor kurzem fragte ein Schüler der eigentlich für eine klassische Nachhilfe kommt, ob wir nicht auch einmal etwas richtig Spannendes als Versuch machen könnten. Als Beispiel zeigte er Youtube-Videos von kubikmeterweise dramatisch überquellendem Schaum. Es ging um die legendäre Elefantenzahnpasta. Ich gab grünes Licht für den Versuch, spielte den Ball aber ins Feld des Schülers zurück. Ich forderte ihn auf, eine detaillierte Planung, mit Nennung von möglichen Gefahren, einer Berechnung der Mengen der nötigen Chemikalien und mehr dieser Art zu erstellen. Neben dem vollen Alltag zog sich das über Monate und dann sogar über die Sommerferien hinweg. Am Ende aber konnte der Schüler erfolgreich sein Experiment vor einer kleineren Gruppe anderer Schüler im Offenen Nachmittag vorführen.

Mehrere Zuschauer und Akteure rund um den Tischversuch zur ElefantenzahnpastaWenn es die eigene Idee war, ist es doppelt interessant: die Anregung zur Elefantenzahnpasta ging von einem Schüler aus. Auf Youtube hatte er dramatische Videos dazu gesehen. Nun ist er selbst "Experte" für diesen Versuch. In den kommenden Wochen und Monaten will er den Versuch federführend weiterentwickeln und anderen Schülern der Lernwerkstatt vorführen.

Als "Experte für Elefantenzahnpasta" wird er nun das Experiment weiter entwickeln. Das Interesse ist geweckt. Die Mathematik, die wir dazu brauchen werden, etwa um chemische Lösungen nach Vorgaben ansetzen, ist nicht "ganz ohne", also durchaus für Neuntklässler schwierig. Aber wenn einmal das eigene Interesse, die Freude am eigenen Können und das Vertrauen auf die Kraft der Ausdauer geweckt sind, dann kann man auch solche Schwierigkeiten überwinden.

Das Beispiel mit der Elefantenzahnpasta zeigt auch gut, worin ein guter Teil unserer Arbeit steckt. Von der ersten Idee bis zum ersten Pilotversuch steckte auch ich als Mentor der Idee Stunden und Stunden in das Thema. Ich musste mich Schlau machen zu Sicherheitsaspekten, recherchierte die Chemie hinter dem Prozess, musste Material kaufen und erste Vorversuche machen, ob überhaupt etwas Interessantes passiert. Man kann den Schulen keinen Vorwurf machen, dass sie auf Schüler nicht in diesem Maße eingehen können. Aber genau das leisten zu können, ist der Anspruch in unserer Werkstatt.

Dieser Ansatz über das wirkliche Interesse führt zu einer anderen Sicht. Um unsere Stunden zu planen fragen wir nicht, wie man den aktuellen Stoff aus der Schule interessant machen kann. Das ist äußerst mühselig und gelingt selten gut. ChatGPT kann das ja ohnehin besser. Was aber sehr gut klappt, ist der umgekehrte Weg: man steigt ein bei den Interessen der Kinder und fragt dann: OK, welche Themen aus der Schule könnten wir dazu gut gebrauchen? Und so werden ganz natürlich die Grundlagen aus alten Jahren wiederholt oder sogar Themen aus ferner Zukunft vorgezogen.

Zeit für eigene Ideen

Vor einigen Jahren kam ein Schüler der Klasse 6 mit einer gemessenen Hochbegabung zu uns in die Werkstatt. Die Eltern hatten von Anfang an darauf gedrängt, dass "der Junge Futter kriegt". Nun gibt es ja sehr viele Angebote für hochbegabte Kinder. Als ich den Jungen darauf ansprach, warum er nicht etwa an Mathe-Olympiaden oder ähnlichen Wettbewerben teilnehmen wollte, hatte er eine bemerkenswerte Antwort parat.

"Bei Wettbewerben interessiert am Ende ja doch nur wer gewinnt. Da steckt man viel Zeit in sein Thema, und am Ende liest sich das keiner wirklich durch. Da ist dann plötzlich alles vorbei und niemand interessiert sich mehr für das Thema."

Hier sind wir wieder beim Kern der Sache: Hochbegabte möchten ihre Ideen oft gerne ohne Zeitdruck ausprobieren. Sie lieben das intellektuelle oder praktische Abenteuer der Art: "Wohin führt diese Idee, wenn man sie konsequent weiter denkt?" Ob sich damit ein erster Platz ergattern lässt ist ihnen dabei oft (fast) egal. Sie möchten vor allem, dass man sich ehrlich und offen mit ihren Ideen beschäftigt. Extrinsische Motivation über Lob oder Tadel, über Rangfolgen in Wettbewerben oder Noten haben oft einen geringen bis sogar kontraproduktiven Einfluss. Wenn Themen plötzlich abgebrochen werden und niemand interessiert sich danach für sie, dann fragen diese Kinder zu Recht, wie wichtig denn das eigentliche Thema war.

Ein Junge brütet über einem Problem zur RobotikBeim Programmieren, hier von einem Roboter, der einer Lichtquelle folgen soll, weiß man nie im Voraus, wie lange es dauert. Man muss so lang dran bleiben können, bis man selbst mit dem Ergebnis zufrieden ist. Ab der Klasse können sich hochbegabte (und auch andere!) Kinder stundenlang mit solchen Dingen beschäftigen.

Anders als bei Ferienprojekten oder Kursen mit einem zeitlichen Limit, gibt es bei uns keine von außen gesetzten Termine oder Vorgaben. Die Schüler selbst entscheiden, wann sie ein Thema für (erst einmal) erschöpft betrachten. Immer wieder sind wir überrascht, wie lange und intensiv sich viele mit einem Thema beschäftigen wollen. Gerade begabte und interessierte Schüler sagen immer wieder, wie sehr sie es vermissen, in der Schule nicht tiefer in die vielen spannenden Aspekte eines Themas einsteigen zu können. Zwei Schüler aus den Klassen 6 und 10 beschäftigten sich gemeinsam über ein Jahr lang mit der Herstellung von Wasserstoff. Dabei mussten immer wieder schwierige Rechnungen gemacht werden. Versuchsdaten wurden statistisch ausgewertet. Wir wollten die Ergebnisse haben, weil wir sie für unsere Hypothesen benötigten. Und ganz ging es dabei auch um das Periodensystem aus der Chemie, jede Menge Elektrotechnik und Projekte aus der echten Industrie. Der Stoff aus der Schule wurde gerade dadurch reizvoll und lebendig, dass wir ihn brauchten, unsere eigene Ideen voran zu bringen. Dass nebenbei auch die Noten deutlich besser wurden, stand dabei nie im Vordergrund.

Ein weiteres Beispiel: ein Mädchen übersprang die Klasse 8. Sie ging direkt von der 7 in die 9. Am Anfang der Förderung ging es erst einmal nur um die Physik aus der Klasse 8. So kamen wir zu Energie, Impuls, Geschwindigkeit und derlei mehr. Viel Zeit ging in eigene Versuche mit Kugeln auf schiefenen Ebenen. Damit wollten wir die Formeln aus der Schule selbst überprüfen. Die Erstellung eines eigenen Erklärvideos tauchte dann als interessante Möglichkeit auf. Da aber unser Thema nicht der ganze Lebensinhalt des Mädchens war, zog es sich über Monate hin. Und genau das ist auch wichtig: die Dinge dürfen in einem übervollen Alltag nicht verloren gehen. Dran bleiben, sich einen Plan machen was ansteht und immer wieder Prioritäten bewusst selbst entscheiden ist wichtig. Solche Fähigkeiten, weit mehr als die reine Formelkenntnis, bringen einen später in der Oberstufe, im Studium oder einer Ausbildung weiter.

Und dann hatten wir plötzlich aktuelle Fragen aus der Philosophie der Physik zum elastischen Stoß berührt. Wir sprachen über das mechanistische Weltbilder Physiker aus der Zeit Napoleons, über die Idee einer Weltformel, des Determinismus und des Freien Willens. Die physikalischen Gesetze des Stoßes führten uns über die Entropie bis hin zum kosmologischen Schicksal unserer Welt in Jahrmilliarden der Zukunft. Die Physik zeigt ganz ungezwungen ihre Querverbindungen zu vielen anderen Fächern auf.

An solchen Stellen höre ich in meinem inneren Ohr, wie manche Eltern hier stutzig fragen würden, was das denn für Schule, Beruf oder Studium bringen soll. Dazu zwei Antworten: im konkreten Fall mit dem Mädchen aus der Klasse 9 beflügelte der Reiz dieser Themen den Wunsch dann auch die Mathematik dazu können zu wollen. Sie brachte sich selbst das Lösen linearer Gleichungssysteme bei und steckte von sich aus plötzlich Arbeit in das Umformen der Formeln. Das ist das berühmte Feuer, das man entfachen muss. Der zweite Teil der Antwort ist für viele Eltern sehr schwer zu verstehen: die intrinsische Motivation anzusprechen ist der einzig Weg. Es gibt Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die auf die gängigen "Anreizsysteme" wie Noten, Geld, Status überhaupt gar nicht ansprechen. Ermahnende Worte der Art "aber du musst doch einmal Geld verdienen" oder "was ist denn, wenn du kein Abi kriegst" funktionieren überhaupt nicht.

Sie merken beim Lesen dieser Beispiele, dass Zeitdruck für diesen Ansatz Gift wäre. Die Dinge ausgiebig, in Ruhe und mit gelassener Ernsthaftigkeit aber auch Zuversicht und klarem System anzugehen sind der Weg zum Erfolg. Das ist der Grund, warum wir auf eine längerfristige Förderung setzen.


Ganzheitlich

Hochbegabte Kinder und Jugendliche ganzheitlich zu fördern heißt, dass man sie in all ihren Belangen wahr und ernst nimmt. Da sind zum Beispiel die Schulnoten, eigene Interessen, andere Hobbies, Querelen mit Lehrern oder Freunden, Ängste über die Lage in der Welt (gar nicht so selten) oder auch Träume und Phantasien über die Zukunft. Bei älteren Schülern kommen dann Fahrstunden für den Führerschein, Praktika in Betrieben, politische Fragen, die Berufsorientierung und manchmal auch familiäre Themen hinzu. Gerade hochbegabte Kinder reagieren sehr allergisch, wenn man sie mit Dingen zurückweist. Sie empfinden die Themen der Welt oft als zusammenhängend. Nichts darf als unwichtig beiseite geschoben werden oder nur als isolierter Fakt betrachtet werden. Die Herausforderungen - eigentlich ein Euphemismus für Ärgernisse - des Alltags zu meistern gelingt umso besser, je mehr man sie in ein großes Bild, den eigenen Weg durch das Leben stellt. Das ist für uns der Kern eines ganzheitlichen Ansatzes: nichts, was wirklich berührt, darf beiseite geschoben werden.

Um nun allen möglichen drängenden Themen der Kinder und Jugendlichen auch Raum zu geben, richten wir nicht nur die Einzelstunden sondern auch die Offenen Nachmittage so ein, dass immer auch die Möglichkeit für persönliche Gespräche besteht. Die kleinen Nebenräume in unserer Lernwerkstatt helfen dabei. Aber auch die an sich festen Termine legen wir gerne um, wenn der Alltag der Kinder es anders nicht zulässt. Die optimale Förderung mit allen Belangen ist immer das Ziel.

Und die Schule?

Es ist paradox: je weniger wir den Schulstoff in den Vordergrund stellen, desto besser klappt es letztendlich auch mit der Schule. Bei unseren vielen Projekten, frage ich am Anfang einer Stunde immer, ob gerade irgendetwas aus der Schule aktuell ansteht. Verblüffenderweise möchten dann viele Schüler von sich aus durchaus größere Blöcke von reinem Training für die Schule einschieben. Mal wird so als Crash-Kurs die Bruchrechnung wiederholt, "weil mir da bei Arbeiten echt ständig viele Punkte verloren gehen". Oder es wird ein Block zu quadratischen Funktionen für die nächste Arbeit eingeschoben. Oft sind es auch eher methodische Themen. Wir sehen uns dann zusammen an, wie man vernünftig Notizen auf einem Tablet erstellt und verwaltet (gar nicht so einfach) oder wie man einen gute Lernplan für Prüfungen erstellt.

Ein Mädchen fertigt am Tablet Notizen zu einem geplanten Versuch in der Chemie an.Um einen Versuch zum Züchten von Kristallen zu planen wiederholt die Schülerin hier noch einmal das Rechnen mit dem Dreisatz, mit Verhältnissen und linearen Funktionen. Wenn der Stoff aus der Schule für eine eigene Idee wichtig wird, dann wird er von ganz alleine interessant. Ganzheitlich heißt, dass möglichst viele Querbezüge zwischen verschiedenen Lebensbereichen hergestellt werden und so gemeinsam Sinn erzeugen.

Der springende Punkt: die Schüler selbst bestimmen, wie viel sie vom aktuellen Schulstoff in unserer Lernwerkstatt behandeln wollen und wann es reicht. Und es ist immer wieder erstaunlich, dass sie dem Stoff keineswegs aus dem Weg gehen wollen. Sie haben oft ein sehr gutes Gefühl, wann und wie viel davon im Moment gerade gut tut. Es ist vielleicht das (berechtigte) Gefühl, selbst über das Wann und Wie und Was bestimmen zu können, das überhaupt erst Offenheit für den Stoff aus der Schule erzeugt. Wenn mir Schüler signalisieren, dass ich genug erklärt habe, dann höre ich sofort auf. Bei den allermeisten kann ich aus Erfahrung darauf vertrauen, dass es dann auch in der Schule gut klappt.


Mit System

Hochbegabte Kinder und Jugendliche haben oft die Anlage dazu, weit abstrakter denken zu können als viele ihrer Mitschüler. Sie ermüden schnell am bloßen Auswendiglernen und Trainieren von Rechenwegen oder Formeln. Sie möchten die tieferen Prinzipien, die abstrakten Denkkonzepte, die Logik hinter dem Ganzen erkennen. Doch diese Fähigkeiten fallen weder vom Himmel noch entstehen sie wie aus dem Nichts durch ein bloßes Mehr an Schul-, Knobel oder Denkaufgaben. Diese abstrakteren Denkfähigkeit müssen planvoll über die Jahre von Kindheit und Jugend entwickelt werden. Geht man zu langsam vor, droht Langeweile, geht man zu schnell vor, reißt der Verständnisfaden. Hier den goldenen Mittelweg zu finden ist ein wesentlicher Teil unserer Lehrerfahrungen in der Lernwerkstatt. Gelingt es uns, die richtige Balance zwischen Anschaulichkeit und Abstraktion zu finden, wird der Schulstoff dadurch oft noch einmal deutlich aufgewertet.

Ein Beispiel: in der Oberstufe tauchen in Fächern wie Physik, Philosophie oder Religion oft die Begriffe Kausalität, Objektivität oder Vorhersagbarkeit auf. Hinter diesen Worten stecken faszinierende aber durchaus auch schwer verständliche Ideen. Nun kann man einem Kind in der Grundschule nicht mit solchen Worten in die Tür fallen. Aber die Entwicklungspsychologie hat doch gezeigt, dass auch junge Kinder schon dazu passende Intuitionen haben. Nehmen wir dann hier als Beispiel einmal die Idee der Kausalität.

Um das Denken in Kausalität oder nicht-Kausalität vorzubereiten, kann man schon in der Grundschule Wörter und Wendungen eintrainieren wie "wenn … dann", "daraus folgt", "passiert immer", "legt fest". In der deutschen Alltagssprache sind ja die abstrakten Denkprinzipien oft schon mit enthalten. Man muss diese Sprache dann nur auch benutzen und mit den Schülern trainieren. Und in der Mittelstufe bietet sich dann das Schulthema der mathematischen Funktion an: ein bestimmter x-Wert gibt dann immer einen ganz bestimmten y-Wert. In zig Experimenten sehen wir, wie das in der Praxis funktioniert: wenn das Fadenpendel die Länge x hat, dann dauert eine Schwingung immer y Sekunden lang. Dieses Immer ist der springende Punkt. Ist das einmal verinnerlicht, kann man in der Oberstufe das Wort Kausalität ohne große Probleme aufgreifen. Und dann wird es wirklich spannend. Wenn wir für alle möglichen Zustände in der Welt eine Formel haben, die uns sagt, wie der Zustand eine Sekunde später aussieht, ist die ganze Welt dann nicht nur ein Mechanismus wie im Inneren einer mechanischen Uhr? Physiker des 19. Jahrhunderts dachten so. Und ist dann nicht der Mensch nur eine Marionette der Physik? So denken noch heute viele Wissenschaftler. Und damit ist man dann auch inmitten vieler aktueller Forschungsthemen. Das wiederum macht verschiedene Studiengänge oder Berufe reizvoll.
Als Lehrer sollte man schon für jeden einzelnen Grundschüler wissen, welche Bedeutung ein Experiment in der Klasse 3 für den Stoff aus der Klasse 10 haben könnte. Es muss für die Kinder ein Roter Faden erkennbar sein.
Um nun eine solche langfristige Entwicklung des Denkvermögens zu fördern, muss man als Lehrer einen klaren Plan haben. Wenn man in der Klasse 5 das Experiment mit dem Monsterschaum der Elefantenzahnpasta macht, dann sollte man damit nicht bei bloßer Effekthascherei bleiben. Man sollte als Lehrer selbst eine Idee haben, wie dieses Experiment dabei helfen soll, das Denken hochbegabter Kinder über die Jahre zu entwickeln.

Wir legen zu jedem unserer Schüler eine online-Seite an, die sowohl die Schüler als auch die Eltern jederzeit einsehen können. Auf diesen Seiten stehen die langfristigen Förderziele, tagesscharf auch immer, was wir bereits behandelt haben und eine Planung für die nächsten ein oder zwei anstehenden Stunden. Viele Schüler fanden es reizvoll, im Rückblick sehen zu können, wie sich ihre Interessen und Fähigkeiten über die Jahre entwickelt haben. So entsteht auch das Gefühl, dass es sich lohnt, bei Themen am Ball zu bleiben, mit langem Atem zu lernen und, ein altbackenes Wort, auch einmal fleißig zu sein.


Unsere Räume

Ich hoffe, ich konnte bisher vermitteln, wie sehr sich die Kinder und Jugendlichen in ihren individuellen Lernwegen, Didaktiker sprechen auch von Chreoden, unterscheiden können. Wenn man nun einer großen Palette an Interessen auch praktisch gerecht werden will, dann braucht man jede Menge Material dazu. Dazu dienen unsere Räume.

Etwa bis zur Klasse 6 oder 7 faszinieren einfache Experimente zur Veränderung von Materie. Das Staunen ist groß, wenn aus einer Flüssigkeit plötzlich von alleine fester Schlamm wird. Andere Stoffe wechseln unter einer kleinen Heizlampe plötzlich die Farbe von weiß nach blau und werden dabei flüssig. Und wie stark sich Alkohol bei Erwärmung im Wasserbad ausdehnen kann, bezeichneten schon zwei Kinder als "irre". Für diese Altersklasse haben wir weit über hundert einfache Versuche, die jederzeit aus einer Schublade oder von einem Regal herbeigezaubert werden können.

Andere, eine Minderzahl, sind sehr stark theoretisch interessiert. Schon manche Drittklässler wollen sich stundenlang an der Tafel mit Zahlentheorie beschäftigen: wo hören die Primzahlen auf? Wie kann man Quadratzahlen ohne Malrechnen finden? Oder auch ganz "banale" Gleichungen wie 4x-2 = 98 können sie lange Zeit fesseln. Die großen Wandtafeln sind genau dafür perfekt geeignet. Bewusst verzichten wir auf die Ablenkungen durch moderne Whiteboards. Old school, mit einer großen stillen Schiefertafel wird man den grübelnden Tiefdenkern besser gerecht als mit blinkenden und piepsenden Geräten.
Ältere, ab den Klassen 7 oder 8 fangen dann eher an sich auch für Theorien zu interessieren: ist das immer so? Gibt es Ausnahmen? Wie kann man das erklären. Hier müssen Versuche her, die etwas über das nicht mehr sichtbare verraten. Die Optik und Elektrik haben ihre Lichtwellen oder Lichtteilchen und Elektronen, die Chemie hat die Atome und Moleküle. Diesen Dingen auf die Spur zu kommen geht jetzt über das bloße Staunen und einfaches Rechnen hinaus. Hier müssen die Versuche so angelegt sein, dass sie bewusst die vielen Grundlagen für ein abstraktes Denken in Modellen fördern. Auch dazu haben wir eine große Anzahl selbst entwickelter und gut dokumentierter Versuche. Das nötige Material ist nie weiter als 10 Meter entfernt in irgendeiner Schublade.

In der Oberstufe gewinnt das abstrakte und theoretische Denken immer mehr an Reiz. Quantenphysik und Relativitätstheorie, Topologie und der Aufbau der Himmelskörper und des Kosmos faszinieren schon über Gedanken alleine. Zu den (immer noch vorhandenen) Versuchen kommt jetzt eine umfangreiche Sammlung an hochwertiger Literatur hinzu. Wir haben digital und analog viele historische Werke von Mathematikern und Naturwissenschaftlern. Ab etwa der Klasse 11 ziehen sich viele Hochbegabte gerne mit einer Auswahl dieser Bücher in eine Leseecke zurück und stöbern dort stundenlang durch die Literatur. So lernen sie große Theorien und Zusammenhänge aber auch mögliche Themen für ein Studium kennen. Gerade das stundenlange Lesen in Stille ist durch nichts zu ersetzen.


Hintergründe

Klassische Hochbegabung: meist eine Erfolgsgeschichte

Es ist ein inzwischen widerlegter Mythos, dass hochbegabte Menschen weltfremd sind, eine Neigung zum Versagen haben oder in ihrem Äußeren merkwürdig erscheinen. Um die 1990er Jahre wurde das sogenannte Marburger Hochbegabtenprojekt, auch Rost-Studie genannt, zur Hochbegabung durchgeführt. Über mehrere Jahre hinweg wurden Schüler von der Grundschule an getestet und in ihrer Entwicklung beobachtet. Auch die Eltern und Lehrer wurden mit zur Situation befragt. Als hochbegabt galt, wer einen IQ von 130 oder mehr erreichte. Parallel dazu wurden auch sogenannte Hochleister betrachtet. Das waren Schüler, die in der Schule herausragende Leistungen brachten. Die Ergebnisse wurden in vielen Büchern veröffentlicht und gelten heute als ein Meilenstein der Forschung zur Hochbegabung. Hier sind einige interessante Einzelbefunde:



Die Autoren der Studie zogen fast einhellig dasselbe Fazit: hochbegabte Kinder und Jugendliche zeigen keinerlei Auffälligkeiten im sozialen Verhalten, in ihren Interessen oder in ihrer Persönlichkeit. Das weit verbreitete Klischee vom frühreifen Sonderling, vom Genie mit Hang zum Wahnsinn, von Hochbegabten als Nerds mit Inselinteressen weisen die Autoren der Studie klar zurück. Und: Hochbegabung war unter Mädchen und Jungen etwa gleichmäßig vorhanden.

Detlef Rost, der Initiator des Marburger Projekts, betonte aber auch, dass Begabung im Sinne des messbaren IQ nicht auch automatisch zu hohen Leistungen führt. Dazu benötigt es auch noch Leistungswille, Motivation, Interesse, Frustrationstoleranz, Unterstützung im Elternhaus und einen guten Unterricht, so Rost.


Hochbegabung als Denkstil: nicht immer einfach

Wer hat das Haus gebaut? Wer hat die Menschen gemacht, die das Haus gemacht haben? Wer hat Gott gemacht? Solche schnellen Frageketten kennt man von Kindern ab etwa dem sechsten Lebensjahr. Viele Kinder durchlaufen bis zum 14ten Lebensjahr oft ausgeprägte "philosophische" Phasen. Sie stellen Fragen, auf die man meist keine befriedigende Antwort geben kann. Diese Kinder werden immer wieder bei ganz alltäglichen Dingen unsicher. Was soll 2 geteilt durch 1 bedeuten? Wie kann man sicher sein, dass alle Menschen mit Rot auch dasselbe Farberleben verbinden? Ist die Welt noch da, wenn ich die Augen zumache? Hier ist das Denken oft auf sich selbst gerichtet. Sie interessieren sich nicht nur für die Welt der Dinge sondern stark auch für das Denken an sich.

Für solche Fragen bleibt in der Schule meist nur sehr wenig oder kein Raum. Die Fragen interessieren oft nur wenige Mitschüler, als Lehrer weiß man auch so recht keine Antwort. Und für die nächste Arbeit sind solche Themen ja auch eher unwichtig.
Ist die Welt noch da, wenn man die Augen zumacht? Woher wissen Planeten voneinander, wenn sie sich anziehen? Wie soll man sich einen Kreisrand als unendlich dünn vorstellen?
Wir haben aber über die Jahre festgestellt, dass die Beschäftigung mit genau solchen Fragen oft das ist, was die Kinder dringend benötigen. Bleiben die Themen unbesprochen, stellt sich bei den Kindern oft das Gefühl ein, dass sie alles falsch verstanden haben könnten. Wenn sie nicht verstehen warum die Zahl 0,99999… als Periode tatsächlich exakt Eins ist, dann können sie das ganze Denken mit Kommazahlen nicht akzeptieren. Sie verstehen sie dann auch tatsächlich nicht und werden bei einfachen Rechnungen wie 2 durch 1,0 unsicher. In den USA spricht man von einer intelligent confusion, einer schlauen Verwirrung. Kinder die hier alleine gelassen werden, entwickeln sich dann oft hin zu sogenannten hochbegabten Minderleistern. Ihre Fähigkeiten bleiben dann oft weit hinter ihren Interessen zurück. Der große Frust ist damit vorprogrammiert.
Bleiben die Kinder mit ihren Fragen alleine, droht der Große Frust. Schulverweigerung trotz ausreichender Intelligenz ist dann der worst case.
Es geht ihnen weniger um endgültige Antworten, sondern erst einmal nur darum, dass jemand die Fragen wirklich versteht. Und man kann beim Diskutieren darüber eine Menge lernen, was in der Schule zwar nie wirklich vermittelt aber oft vorausgesetzt wird. Wenn in der Oberstufe die Grenzwerte in der Mathematik behandelt werden oder in der Physik die Welt der Quanten drankommt, haben Kinder mit einem "philosophischen Hintergrund" oft gut Chancen, die Sachen zu verstehen.


Fazit

Wenn Sie sich bis hier durchgelesen haben, dann scheint an unserem Ansatz für Sie vielleicht "etwas dran zu sein". Viele Eltern habe ihre Kinder in solchen Beschreibungen wiedergefunden. Wenn Sie uns näher kennenlernen wollen, dann ist der nächste Schritt ein Gespräch am Telefon oder direkt eine Probestunde. Nach einer Probestunde geben wir Ihnen gerne eine ausführliche Einschätzung und einen konkreten Vorschlag für eine Förderung. Alles ist für Sie natürlich kostenlos und unverbindlich.
Nehmen Sie gerne jederzeit Kontakt zu uns auf. Wir melden uns zurück.

Kontakt
Kontakt · Impressum