ADHS - Mathematik, Physik und Chemie
Seit 2015 unterrichten wir die Fächer Mathematik, Physik und Chemie. Seitdem haben wir viele Kinder mit einer Diagnose ADHS oder ADS kennen gelernt. Fortbildungen, die Beschäftigung mit der breiten Literatur zu dem Thema und vor allem eigene Beobachtungen und Gespräche mit älteren Schülern legen es für uns nahe, dass nicht jede Diagnose ADHS den Kern der Sache trifft.
Nicht alles, was wie ADHS aussieht, ist es auch.
Viele - und wir denken zu viele - Kinder tragen heute die Diagnose AD(H)S mit sich herum. Wir meinen, dass die Diagnose zwar oft, aber nicht immer, zutrifft. Während bei manchen Schülern tatsächlich die Aufmerksamkeit und die Impulskontrolle alleine betroffen sind, zeigen andere Schüler einen oft übersehenen Drang hin zu Intellektualität. Dabei überfordern diese Kinder oft sich selbst und ihre Umwelt. Wenn diese denkerischen Interessen aber nicht befriedigt werden, zeigen die Kinder ähnlich Symptome wie solche mit echtem ADHS. Wir unterscheiden deshalb zwischen "echtem AD(H)S" und einem "Pseudo-ADHS", bei dem es tatsächlich um einen anderen Denkstil geht.
Klassisches ADHS
Als ADS bezeichnet man eine auffällige Störung der Aufmerksamkeitsfähigkeit. Kommt ein rastloses hyperaktives Verhalten hinzu, spricht man von ADHS. Nach der offiziellen Definition müssen die Symptome bereits im Vorschulalter erkennbar sein. Außerdem müssen die Anzeichen in allen Lebensbereichen auftreten, also nicht nur in der Schule. Nach dieser engen Definition halten wir viele (aber nicht alle) Diagnosen für unzutreffend.
Symptome schon im Vorschulalter
Symptome in allen Lebensbereichen
Liegt nun tatsächlich AD(H)S vor, so gilt es vor allem den Alltag klar zu strukturieren. Die Bewältigung täglicher Aufgaben gelingt am besten in einer ruhigen aber stabilen Umgebung mit festen Abläufen.
Als Lernwerkstatt organisieren wir das Lernen für Arbeiten, trennen Wichtiges vom Nebensächlichen. Und wir trainieren mit den Kindern feste Abläufe ein, die sie mit der Zeit verinnerlichen.
Neben den äußeren Strukturen ist aber auch die Ordnung des Denkens selbst wichtig. Hier haben wir die Erfahrung gemacht, dass das klassische Kopfrechnen oft hilfreich ist. Überhaupt machen wir sehr viel im Kopf. Viele unserer Schüler - gerade solche mit AD(H)S - haben große Freude daran. Wenn Sie im Kopf 3712 durch 4 teilen können oder die pq-Formel ganz im Kopf anwenden können, spüren sie zum ersten Mal, dass Konzentration Freude machen kann. Solche Erfolgserlebnisse bilden das Fundament für unser ADHS-Konzept. Und die ständige Arbeit im Kopf hilft, Ordnung in das Chaos der Gedanken zu bringen.
Soll man Medikamente probieren?
Nach unserer Erfahrung: ja. Wenn ein Arzt oder Psychologe ADHS diagnostiziert hat, dann sollten Sie für Ihr Kind in Absprache mit dem Arzt auch Medikamente in Erwägung ziehen. Die Nebenwirkungen sind bekannt und müssen ernst genommen werden. Viele ältere Kinder berichten uns von starken Beeinträchtigungen und wollen die Medikament nicht weiter nehmen. Auch haben wir erlebt, wie quirlige kleine Geister durch die Medikamente zu äußerlich stumpfen Wesen wurden. Gleichzeitig beobachten wir aber auch, dass viele Kinder mit den Medikamenten tatsächlich ihre Gedanken besser beisammen halten können. Ältere Schüler können das sehr genau beschreiben. Unsere Einschätzung ist also: wenn die Medikamente klar eine Verbesserung bringen und die Nebenwirkungen erträglich sind, dann nutzen Sie sie. Bleibt aber der deutliche Nutzen aus, dann sollte man nach einigen Versuchen nach anderen Lösungen suchen.
Pseudo-ADHS: eher ein Denkstil?
Manche Bücher und Ratgeber im Internet lassen die Grenze zwischen ADHS, dem Asperger-Syndrom, Hochbegabung und Hochsensibilität verschwimmen. Der Leitgedanke ist dann, dass die ADHS-Symptome nur Ausdruck verkannter Talente sind. Treffend auf den Punkt gebracht wird das durch den Begriff der Orchideenkinder: in der richtigen Umgebung werden sie zu eindrucksvollen Geschöpfen, bei falscher Haltung aber haben sie kaum Widerstandskraft und verkümmern dann gänzlich. Dazu passt dann die Vorstellung vom "hochbegabten Minderleister". Da ist etwas dran.
Es gibt es nicht wenige Kinder mit klassischen Symptomen von ADHS: Ungeduld, eine sprunghafte Aufmerksamkeit, oft eine gewisse Aufsässigkeit in der Schule. Dieselben Kinder zeigen aber auch weitere Eigenschaften, die nicht typischerweise mit ADHS einhergehen: Sie wollen die Aufmerksamkeit von Erwachsenen für sich alleine, sie können oft wenig mit den Interessen Gleichaltriger anfangen, sie stellen bohrend-forschende Fragen und sie tun sich schwer mit einfachen Alltagskonventionen. In der Schule gelten sie oft als aufsässig und schwer handhabbar. Gleichzeitig können Sie sich stundenlang und erfolgreich mit Dingen beschäftigen, die sie interessieren. Oder sie schreiben schon in der Grundschule Texte, die andere nach dem Abi nicht hinkriegen. Das passt nicht alles auf die klassische Diagnose.
Symptome nicht in allen Lebensbereichen
Bei Interesse oft sehr ausdauernd und konzentriert
Oft ausgeprägte intellektuelle Fähigkeiten, zumindest aber Interessen
Lesen, Lego, Minecraft, stundenlanges Programmieren aber auch Aktivitäten in der Natur sind beliebte Freizeitbeschäftigungen. Die Kinder häufen oft enorme Wissensmengen an und saugen begierig Fakten auf. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass diese Kinder im Wesentlichen ihre Gedanken von intelligenten Mitmenschen ernst genommen haben möchten. Dazu ist in der Schule oft keine Zeit. Auch sind die Ideen oft so individuell, dass Mitschüler von einer Diskussion kaum einen Nutzen hätten. Man kann es der Schule also nicht verübeln, diese Schüler nicht immer optimal zu fördern.
Sehr heftig lehnen sie Lehrer ab, deren Fachkompetenz sie anzweifeln. Sie suchen ihnen fachlich überlegene Erwachsene, die ihnen aber dennoch auf Augenhöhe begegnen - eine schwer zu erfüllende Kombination. In der Lernwerkstatt bieten wir diesen Kindern einerseits den Raum zum Entwickeln ihrer Ideen. Andererseits führen wir sie beharrlich an den Gedanken heran, dass sie sich in ihre Umgebung einfügen müssen und zeigen auch, wie das geht. Erfolgreich waren wir dann, wenn diese Kinder ihr unkonventionelles Denken als Stärke begreifen, sich aber gleichzeitig auf die Standardwege aus der Schule einzulassen lernen. Oft, aber nicht immer, haben solche Querdenker einen etwas überdurchschnittlichen IQ. Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele von ihnen den Schulstoff dann akzeptieren, wenn etwa 10 bis 30 % der Zeit auch mit Dingen verbracht wird, die sie interessieren.
Pseudo-ADHS, Mathematik, Physik und Chemie
Liegt nicht wirklich ADHS vor, sondern ist der Kern des Themas ein eher denkerisch, forschender, fragender Denkstil, liegt der Schlüssel zum Erfolg darin, den Schulstoff mit größeren Fragen und Themen zu verbinden. Es müssen große, oft philosophische Zusammenhänge erkennbar werden. So veranlagte Kinder können mit zwei Fragen von den Potenzgesetzen zur Unendlichkeit des Universums springen oder vom Satz des Pythagoras zu gekrümmten Räumen aus der Physik. Auch merken diese Kinder intuitiv, wo Erklärungen lückenhaft oder sogar widersprüchlich sind. Wird das nicht ausführlich besprochen, bleibt für sie der Stoff unverstanden und chaotisch.
Die Fragen der Kinder führen oft zu einer Selbstüberforderung und einer Überforderung der Umwelt.
Hier ist es wichtig, die Fragen ernst zu nehmen, mit den Kindern gemeinsam größere Zusammenhänge herzustellen und gleichzeitig den Roten Faden nicht zu verlieren. Die scheinbar schlechte Konzentration, die Sprunghaftigkeit der Gedanken, das Träumerische sind oft nur ein Ausdruck der tatsächlich unübersichtlichen Überfülle möglicher Denkwege, die sich im eigenen Kopf auftun. Damit umzugehen, muss man lernen. Mit der Zeit müssen die Kinder für sich lernen, wie man in einem Ozean interessanter Querbezüge, offener Fragen und ungeprüfter Grundlagen dennoch zu beständigen Fähigkeiten und Wissen kommt. In der Mathematik, Physik und Chemie liegt die Antwort oft darin, dass man immer wieder auf einige wenige aber sehr grundlegende Prinzipien dieser Fächer zurückgeht. Dieser Weg hat sich oft als sehr erfolgreiche erwiesen.
Hoher IQ?
Studien zeigen, dass Menschen mit einem hohen IQ besonders oft sehr erfolgreich sind. Es ist ein Mythos, dass ein hoher IQ automatisch mit mehr Problemen im Leben einhergeht. Gleichwohl sehen wir bei manchen Kindern mit erhöhten IQ besondere Probleme. Sie ähneln oft den bekannten Symptomen von ADHS. Häufig ist ein ausgeprägtes Desinteresse am Schulstoff. Da diesen Kindern in der Grundschule der Stoff oft "zuflog", mussten sie nie systematisch lernen. Ab der Klasse 5 wird der Stoff zunehmend lernaufwändig, Vokabeln und Rechenregeln müssen langweilig auswendig gelernt werden. Selbstdiziplin wird jetzt immer wichtiger. Für manche Kinder mit hohem IQ ist das neu und unattraktiv. Hinzu kommt oft noch, dass viele Schüler mit höherem IQ Widersprüche und Erklärungslücken erkennen, die in der Schule unbeantwortet bleiben. Solche Kinder stellen oft schwierige Fragen. Lesen Sie mehr zu unserer Herangehensweie im Artikel zur
(Hoch)Begabung.
Wie kann die Lernwerkstatt in Aachen bei ADHS helfen?
Wenn Sie die Vermutung haben, dass Probleme in Mathe, Physik und Chemie etwas mit ADHS zu tun haben könnten, dann rufen Sie uns zunächst einmal an. Am Telefon lässt sich schon einiges abschätzen. Wenn der Gedanke dann immer noch interessant ist, können wir eine (kostenlose und unverbindliche) Probestunde vereinbaren. Oft erkennen wir nach einer Probestunde recht eindeutig, ob auch eine verkannte Intellektualität mit im Spiel ist oder eher nur ein "klassisches" ADHS vorliegt. Dann haben Sie Zeit, in Ruhe darüber nachzudenken, ob wir die richtigen für Sie und ihr Kind sind.
Nehmen Sie gerne jederzeit Kontakt zu uns auf. Wir melden uns zurück.
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