_______________________________________________________ Offizielle DefinitionNach der offiziellen Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation bezeichnet Dyskalkulie "eine Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Defizit betrifft vor allem die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten, die für Algebra, Trigonometrie, Geometrie oder Differential- und Integralrechnung benötigt werden."
Für Kinder mit einer Dyskalkulie sind Zahlen leere Symbole oder Punkte auf einem Zahlenstrahl. Da sie mit den Zahlen keine Mengenvorstellung verbinden, geht der Rechenunterricht von Anfang an an ihnen vorbei. Sie bündeln die Mengen nicht zu sinnvollen Teilmengen, sondern gehen meist zählend vor.
Dyskalkulie erkennen!Oft wird eine Dyskalkulie erst in der zweiten oder dritten Klasse erkannt, wenn nämlich die Aufgaben nicht mehr schnell genug über reine Zählstrategien oder Auswendiglernen gelöst werden können. Es gibt eine Anzahl typischer Probleme, die auf eine Dyskalkulie verweisen:
Wenn mehrere dieser Probleme für Ihr Kind charakteristisch sind, dann liegt möglicherweise eine Dyskalkulie vor.
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Als diplomierte Legasthenie- und Dyskalkulietrainer unterrichten wir auf Grundlage des EÖDL.
Bei der Arbeit mit der Goldwaage werden Zahlen mit spürbaren Größen verbunden.
Gurken und Tomaten im Lehrgarten der Lernwerkstatt |
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Therapeutischer AnsatzDer Ausgangspunkt unserer lerntherapeutischen Arbeit ist das EIS-Modell des US-amerikanischen Professors Jerome Bruner. Nach Bruner lassen sich mathematische Sachverhalte sowohl handelnd (enaktiv), ikonisch (bildlich) als auch verbal beziehungsweise formal (symbolisch) darstellen. Erst wenn ein Kind zwischen diesen drei Darstellungsformen geschickt und problemlos wechseln kann, kann eine mathematische Fragestellung zufriedenstellend bearbeitet werden. Bei dyskalkulen Kindern können eine oder mehrere der drei Teilfähigkeiten oder der Wechsel zwischen den Darstellungsformen beeinträchtigt sein. Die konkrete lerntherapeutische Arbeit in der Lernwerkstatt orientiert sich am Stufenmodell des Schweizer Psychologen Hans Äbli. Zuerst muss über konkretes Handeln an realen Gegenständen eine innere Vorstellung von Mengen gefestigt werden. Abstrakte Konzepte wie Größenrelationen, Merkmalsklassifizierungen und Raumrelationen sind hier spielerisch und zunächst ganz ohne Zahlendarstellung zu erarbeiten. Über verschiedene Stufen der Verinnerlichung und Automatisierung wird dann schrittweise auf den Umgang mit abstrakten Zahl- und Rechensymbolen hingearbeitet.
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Strukturiertes Zahlenmaterial hilft jüngeren Kindern beim Aufbau der Mengenvorstellung. |
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FolgeproblemeViele Sachaufgaben aus den Nebenfächern bauen auf einem Verständnis der mathematischen Sachverhalte auf. Der Umgang mit Tabellen, Graphen und Diagrammen, die Himmelsrichtungen, das Erfassen von Zeiträumen, Maßstäben und Formeln finden sich in Fächern wie Physik, Erdkunde, Geschichte, Biologie und so weiter. Obwohl viele Kinder am Anfang der Grundschule eine große Begeisterung für den Schulstoff mitbringen, erlischt das Engagement letztendlich, wenn die Beurteilungen und Noten dauerhaft unbefriedigend bleiben. Situationen, die ein Rechnen erfordern werden zunehmend gemieden und die Schule selbst kann zu einer Quelle dauerhafter Angst werden.
Sind die Noten selbst zu einer Ursache der Rechenprobleme geworden, benötigen die Kinder einen Freiraum von dem ständigen Bewertungsdruck, um aus dem Teufelskreislauf herauszukommen. Dies sollte zwischen den Eltern, dem Lerntherapeuten und der Schule abgesprochen werden. |
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Stärken einbinden!Kinder mit einer Dyskalkulie durchleben oft einen langen Leidensweg. Manchmal werden die Ursachen ihrer Probleme erst in der dritten oder vierten Klasse erkannt oder ernst genommen. Dann drängt bereits die Frage nach der weiterführenden Schule. Teilweise kommt es auch noch vor, dass Lehrer oder Eltern nicht eine Dyskalkulie sondern eine falsche Einstellung oder fehlendes Bemühen der Kinder verantwortlich machen. Kinder mit einer Dyskalkulie entwickeln deshalb oft eine ausgeprägte Sekundärsymptomatik. Als Sekundärsymptome bezeichnet man die sozialen und psychischen Folgen einer unbehandelten Dyskalkulie. Vor allem sind hier ein angegriffenes Selbstwertgefühl und Schulängste zu nennen. In der Anspannung, den täglichen Anforderungen zu genügen, geht dabei oft der Blick für die Stärken und Interessen dieser Kinder verloren. Die Erfahrung zeigt, dass dyskalkule Kinder oft Fähigkeiten im musischen, handwerklichen oder gestalterischen Bereich besitzen. Vielfach zeigen sie auch ein ausgeprägtes Interessen an Sachthemen sowie eine lebendige Neugier an der Entdeckung der Welt - das schließt auch mathematische Sachverhalte mit ein! Solche Stärken und Interessen auf eine lebensnahe Weie erfahrbar zu machen stellt einen wesentlichen und sehr wichtigen Teil der Arbeit in der Lernwerkstatt dar. |
Basteln, hier von Häusern und Tischen vermittelt den Jüngsten ein Gefühl für Zahlen und Größen. |
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Was tun?Ist der Lernfortschritt bei den Grundrechenarten deutlich verzögert gegenüber den Mitschülern und sind keine Gründe für die Probleme bekannt, dann muss eine Dyskalkulie in Betracht gezogen werden. Wenden Sie sich an qualifizierte Therapeuten und Lehrer. Und vor allem: Informieren Sie sich, lesen Sie über Dyskalkulie. Vieles werden Sie an ihrem Kind wiedererkennen und darüber ein neues Verständnis für die möglichen Probleme bekommen. Die eigene Sachkenntnis ist aber auch wichtig für die Auswahl der richtigen Förderung. Über das Jugendamt der Stadt Aachen erhalten Sie unter Umständen auch eine finanzielle Unterstützung von Fördermaßnahmen. Bei Verdacht auf eine Dyskalkulie bietet die Lernwerkstatt folgendes Vorgehen an:
Sollte sich der Verdacht erhärten, können zunächst Einzelstunden vereinbart werden. Im Lerndialog mit dem Kind werden dann die mathematischen Denkstrukturen sichtbar und am Ende kann meist eine Aussage über das Vorliegen einer Dyskalkulie getroffen werden. Ein pädagogisches Gutachten sowie ein zweites Beratungsgespräch mit Empfehlungen und praktischen Hinweisen schließen die Diagnosephase ab. Liegt eine Dyskalkulie vor, kann gemeinsam mit den Eltern und Lehrern ein langfristig angelegtes Förderprogramm angegangen werden. |
Institutionen Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V. Legakids.net - Verständliche Infos Zentrum für angewandte Lernforschung
Praxistipps
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